Bewerbungen und Übergewicht

Ich habe ab und dann Personal einzustellen und Vorstellungsgespräche zu führen. Mir persönlich kommt es wirklich auf die Qualifikationen an und vor allem auf den persönlichen Eindruck. Gewicht stellt bei Einstellungen schon eine wichtige Rolle da. Das habe ich selbst schon erfahren, leider. Dicken traut man weniger zu. Man hält sie für faul, gemütlich und nicht leistungsfähig. Das glaubt ihr nicht? Ich habe einen Beitrag über eine Studie der Universität Tübingen gefunden:

Tatsächlich ist es für den Erfolg eines Bewerbungsgesprächs vorteilhaft, Fettpolster so gut es geht zu kaschieren. Denn Übergewichtige werden aufgrund ihres Gewichts benachteiligt – und zwar nicht nur von bestimmten Personalentscheidern, sondern von den meisten. Das fand erst im vergangenen Jahr ein Forschungsteam an der Universität Tübingen heraus. Hierzu legten die Wissenschaftler 127 Personalentscheidern Bilder von angeblichen Bewerbern vor und ließen die Personaler zu den Bewerbern unterschiedliche Fragen beantworten. Unter anderem mussten die Versuchspersonen sich für drei Kandidaten entscheiden, die sie anhand von Fotos in die engere Wahl für eine Abteilungsleiterposition ziehen würden. Die Fotos, die vorgelegt wurden, zeigten den Oberkörper von sechs Männern und sechs Frauen im Alter zwischen 40 und 50 Jahren, die alle einheitlich mit einem weißen T-Shirt bekleidet waren. Jeweils vier der zwölf Abbildungen zeigten Menschen mit Übergewicht. Unter den Normalgewichtigen waren außerdem vier Personen mit Migrationshintergrund zu sehen. Obwohl alle Personalentscheider umfangreiche Erfahrungen im Auswahlverfahren von neuen Mitarbeitern aufwiesen und aufgrund ihrer Ausbildung vorurteilsfrei eine Auswahl treffen können sollten, fiel die Auswertung der Studie eindeutig aus: Die Wissenschaftler ermittelten deutliche Vorbehalte gegenüber potentiellen Bewerbern mit Übergewicht. Besonders korpulenten Frauen trauten die Personalentscheider nicht die Funktion einer Abteilungsleiterin zu. Quelle

 

Ich bin zum Glück keine Personalerin. Es geht bei uns vor allem um Hilfsarbeiten, Studentenjobs. Die großen Entscheidungen trifft der Big Boss.  Mein Chef hat mich mit etwa 107 Kilo eingestellt, Gott sei Dank. Aber ich bin überzeugt, dass ich deswegen auch schon nicht eingeladen wurde oder beim Vorstellungsgespräch rausgeflogen bin. Als ich in der Wirtschaftskrise arbeitslos wurde, sagte ein Vermittler im Arbeitsamt (damals hatte ich 86 Kilo) mal zu mir: „Wissen Sie, ihre Qualifikationen nützen ihnen ja nichts. Die meisten Männer wollen eine 56 Kilo-Frau im Job“. Erbärmlich und grausam und ich habe mich danach minderwertig gefühlt und diskriminiert. Ich finde es ganz schlimm, denn es gibt fleißige Menschen und faule Menschen. Es gibt Menschen, die kein Bock zu arbeiten haben und Arbeitstiere. Und irgendwas dazwischen. Es gibt dicke, sehr dicke, dünne und magere Menschen – und was dazwischen. Das Gewicht hat doch gar nichts damit zu tun. Dieses Vorurteil haftet an übergewichtigen Menschen und es ist leider harte Realität. Bewerbungen für Leute mit Übergewicht sind schwieriger, als für Menschen mit Normalgewicht. Das ist traurig und Realität.

4 Kommentare

  1. Kann alles so oder so laufen:
    In meiner Firma wurden lange keine Frauen eingestellt. Eines der Gerüchte besagte, dass die Frau des Oberbosses keine anderen (hübschen) Damen neben sich duldete.
    Ich war dann die erste Frau, die eingestellt worden ist. Damals hatte ich 112kg – und war wohl einfach keine Konkurrenz für die Dame. Mit der Hälfte des Gewichts hätte ich den Job wohl nie bekommen 😀

  2. Interessant ist auch, dass man mit Übergewicht gar nicht erst in die Gehaltsverhandlung gehen muss…. 😒

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